Ein Taxifahrer mit Brüdern

Vorheriger Tag: Zwei Verspätungen und zwei Feuerzeuge

Der Flug verlief reibungslos. Wie immer in solchen Fällen war nervig, dass auf dem gerade mal vierstündigen Nachtflug von Moskau nach Bishkek trotzdem Essen und Getränke serviert wurden, sodass man nur zwei Stunden schlafen konnte. Gegen 5:00 Uhr waren wir in Bishkek (Ortszeit, also 1:00 Uhr in Deutschland). Dort wandte ich mich an den Mann am Taxischalter, um ein Taxi nach Karokol zu bekommen (100 € für eine sechsstündige Fahrt). Der Taxifahrer unterhielt sich mit uns, indem er russisch in eine App seines Smartphones sprach (Google Translator o.ä.). Die Übersetzung wurde auf englisch angezeigt und vorgelesen, während er am russischen Text prüfte, ob die App ihn richtig verstanden hätte.

Wir dämmerten auf den Rücksitzen vor uns hin. Irgendwann fragte der Fahrer, ob er uns ein größeres Auto besorgen sollte, „sein Bruder“ hätte eins, und der würde im nächsten Ort wohnen. Da könnten wir uns beide hinlegen. Wir lehnten ab. Später hielt er in einem Ort an, diskutierte mit ein paar Leuten, dann kam er zurück, sagte uns dass er nicht weiterfahren könnte. Der Mann, der uns nach Karakol bringen würde, sei aber „sein Bruder“. Er selbst war zu müde, um weiterzufahren, die Energy-Drinks würden nicht mehr helfen. Wir bezahlten im die 100 €, er sagte, er würde seinem Bruder SOM geben.

Das neue „Taxi“ hatte das Lenkrad rechts (das haben viele Autos in Kirgistan). Offensichtlich reichte dem Bruder das Geld nicht, er fuhr im Schritttempo durch den Ort und rief den Leuten auf der Straße „Karakol“ zu.

Mit Dshamilja im Taxi

Endlich entdeckte er eine Familie, die ein Schild mit der Aufschrift „Karakol“ hochhielt. Er ließ sie einsteigen, dazu wurde hinten noch eine Bank ausgeklappt. Der Vater stieg vorn ein, die Mutter mit einem Baby und einem jungen Mädchen hinten. Mutter und Baby schliefen bald ein, das Mädchen beschloss, sich mit uns zu unterhalten: Russisch, Englisch und Smartphone-Translator. Woher wir kämen und wohin wir wollten. Die Mutter wurde wach und wollte wissen, wie alt wir wären. Wir fragten ebenso. Sie waren in dem Ort im Urlaub gewesen und wohnten süd-westlich von Karakol. Das Mädchen wollte, dass wir sie besuchen kämen. Sie hat vier mal in der Woche Russisch und zwei mal Englisch in der Schule. Sie ist 16. Wir erzählten, dass wir Tschingis Aitmatov kennen, darauf antwortete sie „Ich heiße Dshamilja“. Sie zeigte uns auf dem Smartphone ein Bild ihres Bruders, der gerade auf Zingst arbeitet.

Unser „Taxifahrer“ ließ die Familie am Busbahnhof in Karakol aussteigen und erkundigte sich nach dem Weg zu unserem Hotel. Dort angekommen hatte ich nicht den Eindruck, dass wir angemeldet wären, denn Aida, die Besitzerin, wusste nicht, wie lange wir bleiben wollten. Eigentlich hatte ich das mit Azamat vom hiesigen CBT-Büro alles per E-Mail geklärt.

Keine Permits

Wir gingen zum CBT-Büro. Dort stellte sich heraus, dass unsere Permits für die Grenzregion zu China, in der wir in den nächsten Tagen unterwegs sein wollten, noch nicht ausgestellt waren, obwohl ich Azamat schon im Mai die Passkopien geschickt hatte. Er fragte uns, wann wir denn los wollten, auch das hatte ich ihm mehrfach geschrieben, am nächsten Morgen nämlich. Er telefonierte und teilte uns dann mit, dass die Permits am nächsten Tag um 12:00 Uhr fertig sein würden. Wir rechneten. Eigentlich hatten wir geplant, dass wir am Morgen gegen 8:00 Uhr loskommen, dann wären wir am frühen Nachmittag am Ausgangspunkt unserer Tour und könnten noch die 5 km bis zum ersten Übernachtungsplatz gehen. Das würde nun nicht mehr klappen, da die Fahrt ins Gebirge etwa sechs Stunden dauert.

Nächster Tag: In den Tien Shan mit Hindernissen


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