Nicht jeder Zweifler ist ein Radikaler
Veröffentlicht am 16.01.2021
Es ist verständlich, wahrscheinlich sogar vernünftig: In einer unsicheren Situation, für die man über keine Erfahrungen verfügt und für die man keine Handlungsweisen eingeübt hat, möchte man auf Experten vertrauen und auf Führungspersönlichkeiten, die Ruhe und Entschlossenheit vermitteln und deren Entscheidungen durchdacht und begründet klingen. Leute, die diesen Experten nicht das gleiche Vertrauen entgegenbringen, die zweifeln und die Entscheidungsbasis in Frage stellen, werden dann als Störenfriede empfunden.
Ich weiß, was sie letzten Sommer nicht getan haben
Veröffentlicht am 18.01.2021
Am 23. September 2020 erregt ein Satz von Christian Drosten Aufmerksamkeit: „Die Pandemie wird jetzt erst richtig losgehen“. Im ZDF-Interview stellte der wichtigste Berater der Bundesregierung einen Tag später klar, dass er diesen Satz bereits in einem Interview gesagt habe, das „schon vor mindestens sechs Wochen geführt“ worden sei.
Biden will Versöhnung, doch seine Politik spricht eine andere Sprache
Veröffentlicht am 23.01.2021
Kurz nach dem Ende seiner Amtszeit soll Barack Obama nachdenklich gefragt haben, ob er vielleicht falsch gelegen habe. Ben Rhodes berichtet in seinem Buch „Die Welt, wie sie ist“ davon, dass Obama fürchtete, vielleicht zu weit gegangen zu sein mit seinen Vorstellungen einer diversen Gesellschaft; dass die Menschen vielleicht in ihre Stammesidentitäten zurückfallen wollten und dass er, Obama, vielleicht zehn oder 20 Jahre zu früh gekommen sei.
Diese Zahlen aus Karlsruhe müssen uns beunruhigen
Veröffentlicht am 26.01.2021
Es gibt eine Gemeinsamkeit zwischen der Präsidentschaft Donald Trumps und der Corona-Pandemie: Beide haben uns gezeigt, wie wenig selbstverständlich die Grundsätze einer gesellschaftlichen Verfassung sind, auch wenn diese als Selbstverständnis der Gesellschaft über Jahrzehnte in der Schule gelehrt, in Sachbüchern und Tageszeitungen hervorgehoben und in politischen Reden gepriesen werden.
Hier erfährt man, ob es eine gerechte Triage gibt
Veröffentlicht am 28.01.2021
Eine der interessantesten und zugleich ambivalentesten Veränderungen während des Corona-Lockdowns erlebt derzeit das Format der öffentlichen Ringvorlesung, Veranstaltungsreihen, die von Universitäten angeboten werden, um zum einen während eines Semesters ein Thema interdisziplinär diskutieren zu können und zum anderen ein öffentliches Informationsangebot zu gesellschaftlich interessanten Fragen zu machen. Das Zentrum für Wissenschaftstheorie an der Universität Münster führt solche Ringvorlesungen seit 15 Jahren durch, in den insgesamt bisher 29 Veranstaltungsreihen ging es um Fragen wie den Umgang mit Unsicherheit und Risiko, das Klima, die technisierte Welt und das Verhältnis von Wissenschaft und Politik.
Der dialektische Rassismus
Veröffentlicht am 02.02.2021
Das Jahr 2020 stand auch im Zeichen einer intensiven Debatte über die Rolle des Rassismus in der europäischen Geschichte der Aufklärung. Rassistische Äußerungen bei Immanuel Kant, der emblematischen Figur der Aufklärung, wurden ebenso diskutiert wie zuletzt Äußerungen des Philosophen der Freiheit, Georg Wilhelm Friedrich Hegel.
Die Grenzen der Virologie
Wenn Wissenschaftler sich gegenwärtig zu Wort melden, um in Empfehlungen oder Forderungen nach einer Fortsetzung des Lockdowns oder sogar nach Verschärfungen und härteren Kontrollregimen zu rufen, stützen sie sich gern auf wissenschaftliche Modelle und Simulationen, die für bestimmte Szenarien politischer Maßnahmen ein mehr oder weniger drastisches Anwachsen der Infektionszahlen, der Intensivbettenbelegung und der Todesfallzahlen prognostizieren.
„Daraus ist der Verdacht erwachsen, dass Wissenschaft eine illegitime Machtfülle zukommt“
Alexander Bogner ist der Experte für Experten. Um sich auf ein Gespräch mit dem Soziologen an der Universität Wien und am Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften vorzubereiten, könnte man etwa eines seiner Bücher über Experteninterviews lesen. Anlass unseres Gesprächs ist aber sein Buch mit dem etwas sperrigen Titel „Die Epistemisierung des Politischen“ (Reclam Verlag, sechs Euro), in dem es – gar nicht sperrig – um die Frage geht, wie die Macht des Wissens die Demokratie gefährdet, eine Frage, die in der Corona-Pandemie auf breites Interesse stößt.
Der unberechenbare Mensch
Veröffentlicht: 17.02.2021
Die Pandemie ermöglicht überraschende Einsichten über die Lage der Gesellschaft und über das Selbstverständnis der Menschen in dieser Welt. Einiges, was man zuvor vielleicht undeutlich ahnen konnte, tritt jetzt klar hervor. Dazu gehört die Frage nach dem Bild vom Mitmenschen und dem Verständnis vom Bürger, das die politische Klasse und diejenigen, die die sogenannte Öffentlichkeit bilden, Expertinnen, Journalisten, Beraterinnen, Interessenvertreter, haben. Man merkt es an den Maßnahmen der Regierung, an den Handlungsempfehlungen der Berater, an den Urteilen der Journalisten, den Prognosen der Experten.