Vorheriger Tag: Ein Taxifahrer mit Brüdern
Um 12:00 Uhr sollte der Fahrer mit den Permits am Hotel sein. Gegen 13:00 Uhr kam er und sagte, die Permits kämen in 10 min. Daraus wurden zwei Stunden. Wir unterhielten uns ein bisschen mit ihm, er hieß Tölön. In Kirgistan wollen alle wissen, wie viele Kinder und Enkel man hat, er hatte sechs Kinder und 10 Enkel und war 57 Jahre alt. Er hatte in der DDR als Soldat gedient, zeigte uns ein Bild von sich als 18jähriger Soldat. In Kirgistan haben alle die wichtigen Bilder ihres Lebens auf dem Smartphone.
Wir warteten weiter. Vor uns hielt ein Kleintransporter, der in lateinischen Buchstaben die Aufschrift „EISMANN“ hatte. Es war ein Kühlauto, das die Kioske neben dem Hotel mit Eis belieferte. Der Fahrer und Tölön kannten sich, Tölön besorgte für jeden von uns ein Eis.
Irgendwann war klar, dass wir nicht mehr vor der Dunkelheit in Al Djailoo ankommen würden und entschieden, die Tour umgekehrt zu gehen – von Eckili-Tasch nach Al Djailoo. Das wollten wir eigentlich nicht, da wir dann bei 3.000 hm ohne Akklimatisation starten mussten, aber das sparte eine Stunde Fahrzeit. Endlich kamen die Permits und wir fuhren los.
Nach gut einer Stunde Fahrzeit waren wir schon in den Bergen. Im Vorbeifahren beobachteten wir Reiter bei einem Reiterspiel, das wir aus „Abschied von Gülsary“ kannten. Zwei Reiter-Mannschaften jagen sich gegenseitig einen Schafsbock ab, in diesem Fall war es eine Attrappe.
Nach einiger Zeit trafen wir auf den ersten Militärposten, der unsere Permits kontrollierte. Ich nutzte die Pause, um unseren Standort auf der Karte mit den GPS-Koordinaten auf unserer Uhr abzugleichen – es passte exakt.
Wir fuhren weiter – plötzlich gab es ein zischendes Geräusch. Tölön bremste, ein Reifen war geplatzt. Allerdings war das wohl Alltag, er hatte zwei Ersatzräder dabei. Der Reifen hatte auch überhaupt kein Profil mehr, er war einfach durchgefahren.
Während der Reparatur hielten ein paar junge Leute an und boten ihre Hilfe an. Sie fragten, woher wir kämen und als wir „Aus Deutschland“ antworteten, machte einer lachend den Hitlergruß und rief „Heil Hitler!“ Wir konnten nur „Nein, Nein!“ erwidern.
Weiter ging’s. Gegen 19:30 Uhr stoppte Tölön plötzlich und erklärte uns, wir seien am Ziel. Ich hatte nach meiner Karte eigentlich mit einer weiteren halben Stunde Fahrzeit gerechnet. Aber es gab tatsächlich eine Brücke über den Fluss, also glaubten wir ihm, zumal er uns noch genau zeigte, wie wir weiter zu gehen hätten. Wir beschlossen, direkt an der Brücke unser Zelt aufzuschlagen, denn wir mussten noch kochen und kurz nach 20:00 Uhr war Sonnenuntergang. Tölön fuhr davon.