Der dialektische Rassismus

Das Jahr 2020 stand auch im Zeichen einer intensiven Debatte über die Rolle des Rassismus in der europäischen Geschichte der Aufklärung. Rassistische Äußerungen bei Immanuel Kant, der emblematischen Figur der Aufklärung, wurden ebenso diskutiert wie zuletzt Äußerungen des Philosophen der Freiheit, Georg Wilhelm Friedrich Hegel.

Versuchen, diesen bedeutenden Philosophen einen tief sitzenden Rassismus nachzuweisen und sie und ihr Denken damit zu diskreditieren, stehen Verteidigungsreden gegenüber, die entweder argumentieren, dass die rassistischen Äußerungen der Tatsache geschuldet sind, dass auch die Großdenker eben als Kinder ihrer Zeit anzusehen seien, die auch nicht völlig frei von den herrschenden Vorurteilen sein konnten, oder die zu zeigen versuchen, dass der Denkweg der Philosophen insgesamt gerade als ein Ablösungsprozess von rassistischen Vorurteilen zu deuten sei.

Beide Argumentationswege lassen die Grundsätze der Aufklärung im Kern unangetastet, und das ist auch verständlich angesichts der prägenden Rolle, die die Aufklärung für das europäische Selbstverständnis spielt. Ob Kant und Hegel als Rassisten gebrandmarkt werden oder ob versucht wird, sie reinzuwaschen – beides dient im Kern dazu, die Aufklärung selbst unbefleckt dastehen zu lassen.

Genau das ist das Problem, das dazu führt, dass wir den Stachel des Rassismus nicht loswerden. Wir müssen endlich nach dem systematischen Platz der Diskriminierung fremder und ferner Kulturen durch die aufgeklärten Gesellschaften fragen.

Werfen wir noch einmal einen kurzen Blick auf die Aussagen der beiden großen Philosophen. Bei Kant finden wir bekanntlich zweierlei: abfällige Alltagsbemerkungen und Fußnoten über Fremde, die der mitteleuropäischen Kultur fernstehen auf der einen, eine systematische Begründung der Notwendigkeit des Begriffs der Rasse auf der anderen Seite. So schreibt er in einer Fußnote in der „Anthropologie in pragmatischer Hinsicht“: „Die Eingeschränktheit des Geistes aller Völker, welche die uninteressierte Neubegierde nicht anwandelt, die Außenwelt mit eigenen Augen kennen zu lernen, noch weniger, sich dahin (als Weltbürger, d. A.) zu verpflanzen, ist etwas Charakteristisches an denselben, wodurch sich Franzosen, Engländer und Deutsche von anderen vorteilhaft unterscheiden.“

Solche verstreuten Nebenbemerkungen sind kombiniert mit einer systematischen Theorie von der Notwendigkeit eines Rassebegriffs, der einerseits erkenntnistheoretisch hergeleitet wird und andererseits durch eine Spekulation über biologische Entwicklungen bei verschiedenen Menschengruppen plausibilisiert wird. Dabei entwickelt Kant eine Rangfolge, eine Stufenleiter der Menschheit, die er zwar an ihrem unteren Ende im Laufe der Zeit verändert, auf deren höchster Stufe aber immer der weiße Mensch, der Europäer, steht.

Um zu verstehen, warum es für Kant so wichtig ist, eine solche Rangfolge unter den Menschen zu identifizieren und zu begründen, muss man einen Blick auf die Grundideen der Aufklärung werfen. Das zentrale Element des Weltbildes der Aufklärer ist der Fortschritt – die Entwicklung der menschlichen Gesellschaft von niederen zu höheren Stufen. Das ist für Kant sogar eine Aufgabe, die den Menschen von der Natur auferlegt ist. Er glaubt, die Menschheit ist in den Menschen als Keim angelegt und es ist die Aufgabe der Menschen, diesen Keim durch Fortentwicklung und Erziehung zum Vorschein zu bringen und immer weiter auszuprägen.

Menschheit – das ist für Kant nicht wie für uns ein Begriff, der einfach die Gesamtheit aller Menschen bezeichnet, es handelt sich vielmehr um eine Anlage im Menschen, die sein mögliches Wesen ausmacht, das, wozu der Mensch im Innersten bestimmt ist. Wenn Kant beim kategorischen Imperativ von der „Menschheit in dir“ spricht, dann meint er „deine Menschheit“, so, wie man „deine Gesundheit“ oder „deine Besonnenheit“ meint. Es ist eine prinzipielle Möglichkeit des Menschen, die er – so die naturgegebene Aufgabe, zu entwickeln hat.

Dieser Entwicklungsprozess ist aber für Kant weniger ein individueller, persönlicher Auftrag, sondern das Menschengeschlecht überhaupt ist vor diese Aufgabe gestellt. „Am Menschen sollten sich diejenigen Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickeln“, schreibt er in der „Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht“. Das Vorankommen auf dem Weg zum Lösen dieser Aufgabe, das ist der Fortschritt.

Bürgerliche Gesellschaft als Menschheitsziel

Was zum Kern dieses Wesens der Menschheit gehört, hat Kant in seiner Philosophie ausführlich ausgearbeitet: Es ist die Rationalität der reinen Vernunft, es ist die Moralität des kategorischen Imperativs, es ist aber auch die bürgerliche Gesellschaft: „Das größte Problem für die Menschengattung, zu dessen Auflösung die Natur ihn zwingt, ist die Erreichung einer allgemein das Recht verwaltenden bürgerlichen Gesellschaft.“

Kurz gesagt: Die vernünftige, auf wissenschaftlichem Weltverstehen und rationaler Moralität basierende freie bürgerliche Gesellschaft, die sich zu Kants Lebzeiten in Europa durchzusetzen beginnt – sie ist das Ziel der Entwicklung der Menschheit überhaupt. Alle bisherigen Veränderungen im Zusammenleben der Menschen sind als Schritte auf dem Fortschrittswege hin zu diesem hohen, von der Natur selbst aufgegebenen Ziel zu deuten.

Wer eine solche Weltsicht hat, muss natürlich erklären, warum in vielen Gegenden der Welt Menschengruppen siedeln, die überhaupt nicht den Eindruck erwecken, auf dem Weg zur bürgerlichen Gesellschaft und zur Vernunft zu sein. Hier findet sich die systematische Funktion des kantschen Rassismus: Jene fernen Völker müssen eben auf der Stufenleiter der Menschheit weiter unten stehen, während die europäischen Völker, die es als Einzige schon hier und da zur Erfüllung der Menschheitsaufgabe gebracht haben, selbstverständlich auf der höchsten Stufe stehen. Zugleich folgt daraus, dass es Aufgabe der europäischen Völker ist, die anderen Völker, soweit möglich, anzuleiten, die Menschheit in ihren Anlagen ebenfalls zu finden und auszubilden.

Hegel, der seine Geschichtsphilosophie einige Jahrzehnte später entwickelt hat, benötigt keine biologischen Unterschiede zwischen verschiedenen Rassen mehr. Auch wenn er den Begriff hier und da verwendet, kommt es ihm nicht darauf an, die biologische Überlegenheit der Europäer nachzuweisen, vermutlich war das auch für den späten Kant nicht mehr wichtig. Was aber für Hegel ebenso zentral ist wie für Kant, ist das Konzept des notwendigen Fortschritts. An die Stelle der Natur, die den Menschen die Aufgabe gibt, die in ihnen angelegte Menschheit zur Entfaltung zu bringen, rückt Hegel die Vernunft des absoluten Geistes.

Somit ist es, genau besehen, auch nicht mehr eine Aufgabe der Menschen, denn der Wille des unendlichen Geistes Gottes setzt sich auch gegen den Willen der Menschen durch. Allerdings: „In der christlichen Religion hat Gott sich geoffenbart, das heißt, er hat dem Menschen zu erkennen gegeben, was er ist, so daß er nicht mehr ein Verschlossenes, Geheimes ist; es ist uns mit der Möglichkeit, Gott zu erkennen, die Pflicht dazu auferlegt“, erklärt Hegel in seinen „Vorlesungen über die Philosophie der Geschichte“.

Das bedeutet zweierlei: Zum einen ist der Wille Gottes nicht allen Menschen gleichermaßen bekannt, sondern den Christen, zum anderen ist es deren Pflicht, diesen Willen Realität werden zu lassen. Dieses Ziel ist die Freiheit, aber nicht alle haben zur Erkenntnis dieses Ziels den gleichen Zugang: „Erst die germanischen Nationen sind im Christentume zum Bewußtsein gekommen, daß der Mensch als Mensch frei, die Freiheit des Geistes seine eigene Natur ausmacht.“

Es ist hier nicht der Platz, die Theorie der Freiheit, die nach Hegel ihre wahre Entfaltung im europäischen Verfassungsstaat und in der protestantischen Religion findet, zu erläutern. Festzuhalten ist, dass für Hegel ebenso wie für Kant die Geschichte eine Fortschrittsgeschichte hin zur europäischen Kultur, zur christlichen Religion und zur republikanischen Staatsverfassung ist.

Deshalb muss sich Hegel bei seiner Darlegung der Weltgeschichte eben auch nicht lange in Afrika aufhalten – nicht etwa, weil er darüber nichts weiß, was er eingestehen könnte –, sondern weil Afrika eben auf einer so niedrigen Stufe der Entwicklung hin zur europäisch verstandenen Freiheit steht, dass es dort nichts zu entdecken geben kann. „Der Neger stellt, wie schon gesagt worden ist, den natürlichen Menschen in seiner ganzen Wildheit und Unbändigkeit dar; von aller Ehrfurcht und Sittlichkeit, von dem, was Gefühl heißt, muß man abstrahieren, wenn man ihn richtig auffassen will: Es ist nichts an das Menschliche anklingende in diesem Charakter zu finden.“

Tatsächlich ist Hegel darüber hinweg, irgendwelche biologischen Unterschiede zwischen den Bewohnern Afrikas und denen Europas anzunehmen, die für diesen Befund verantwortlich wären. Insofern ist wohl kein primitiver Rassismus in Hegels Beschreibung der Afrikaner zu finden, er schließt nicht aus Äußerlichkeiten auf physiologische Unterschiede oder mangelnde geistige Fähigkeiten, die die Diagnose von Minderwertigkeit der Bewohner Afrikas begründen würden.

Kurz und etwas lapidar lässt sich Hegels Befund zusammenfassen mit der Feststellung, dass die Afrikaner eben noch auf einer niedrigeren Stufe der geistigen und kulturellen Entwicklung stehen: Ihr „Bewusstsein (ist; der Autor) noch nicht zur Anschauung irgendeiner festen Objektivität gekommen“, sie sind noch auf einer niedrigeren „Stufe der Kultur“.

Stufen der Kultur anzunehmen und sich selbst auf der aktuell höchsten Stufe der Kultur zu wissen, das ist die Grundthese und das Selbstverständnis der Aufklärung und der gesamten an sie anschließenden europäischen Denk- und Handlungstradition. Seit Kant und Hegel wurde dieses Selbstverständnis in Europa und in Nordamerika kaum infrage gestellt.

Sowohl hinsichtlich der Fragen des richtigen, angemessenen Weltverstehens durch die moderne Wissenschaft als auch hinsichtlich der praktisch-technischen Herstellung komfortabler, sicherer Lebensverhältnisse, sowohl bezüglich der moralischen Grundwerte und der Vorstellungen von menschlicher Würde als auch in Hinblick auf die Entwicklung der besten politischen Strukturen in Form der republikanischen Staatsverfassung herrscht im Westen, also in Westeuropa und in Nordamerika, weitgehend Konsens über zwei Aussagen: Wir haben in diesen Fragen aktuell die besten Ideen für die Menschheit entwickelt, und es wäre für alle Menschen überall auf der Welt das Beste, wenn sie uns auf diesen Themenfeldern früher oder später nachfolgen würden.

Das bedeutet nicht, dass man der Meinung wäre, all diese Ideale seien in der weißlichen Welt auch schon optimal umgesetzt. Gerade in der Scham über das Versagen der westlichen Zivilisation etwa im Nationalsozialismus und im Holocaust, aber auch in Kriegsverbrechen, die von Soldaten westlicher Armeen verübt wurden, in Verstößen gegen die Rechtsstaatsprinzipien bis hin zu den Manipulationen und Vergehen von Autoherstellern oder den letzten kleinen Betrügereien von Wissenschaftlern, die ihre Ergebnisse fälschen, zeigt sich, dass wir im Grunde von den Vorzügen und der Überlegenheit unseres Humanismus, unserer Grundideen, unserer Wertvorstellungen und unserer rationalen Prinzipien überzeugt sind.

Als Autor dieser Zeilen muss ich eingestehen, dass ich mich diesem Konsens selbst nicht völlig entziehen kann. Wenn ich die Erkenntnisse moderner Wissenschaft bewundere und ihren Einsichten mehr traue als den Mythen vom Wirken geheimnisvoller Geister, dann bin ich auch der Meinung, dass dieses Vertrauen nach langer Argumentation von jedem vernünftigen Menschen geteilt werden müsste. Wenn ich die Errungenschaften moderner Technik und Medizin für die Sicherheit meines Lebens und für meine Gesundheit preise, dann wünsche ich auch Menschen fremder Kulturen, dass sie an diesen Segnungen teilhaben sollten.

Wenn ich moralische Grundsätze darüber entwickelt habe, dass man die Würde anderer Menschen zu achten habe, dann muss ich zwingend wünschen, dass dies für alle Menschen auf der Welt gelten soll. Und wenn ich schließlich die demokratischen Prinzipien westlicher Staaten verteidige und als wichtige Grundlage der Freiheit einer jeden Person betrachte, dann impliziert das eine Verurteilung ferner Diktaturen und Diktatoren.

Über die Vorzüge und den Wert dieser Grundprinzipien ist seit Kant und Hegel im westlichen Kulturkreis und auch darüber hinaus so viel nachgedacht und reflektiert worden, dass es schwerfällt, überhaupt Alternativen dazu ernsthaft zu erwägen. Jemandem, der mit diesen Prinzipien und ihren durchdachten Begründungen aufgewachsen ist und der sie in den letzten Jahren selbst immer wieder an den eigenen Erfahrungen und an den Nachrichten aus allen Teilen der Welt geprüft hat, fällt es schwer, einen Ansatz zu finden, von dem aus grundsätzlich andere Prinzipien als denkbar und gleichberechtigt in Betracht gezogen werden können.

Dazu kommt, dass es dem europäischen Denken und der europäischen Praxis der Weltaneignung gelungen ist, sich auf fast der ganzen Welt als dominante Kultur zu etablieren – was nicht darin begründet sein muss, dass sie prinzipiell besser, moralisch überlegen oder menschlicher wäre, sondern was schlicht auch daran liegen kann, dass sie von den Stärkeren durchgesetzt werden konnte.

Dialektischer Rassismus

Der Glaube daran, dass wir in der westlichen Welt zwar vielleicht noch nicht in der besten aller möglichen Gesellschaften, aber wohl doch in der besten aller bisher existierenden Gesellschaften leben, hat in den letzten Jahrzehnten einige Erschütterungen erlebt, da sich bekanntlich abzeichnet, dass von unserer Art zu leben auch die größten Gefahren für Umwelt, andere Kreaturen, Lebensräume und am Ende für die Existenzgrundlagen menschlicher Gesellschaften überhaupt ausgehen. Dennoch fällt es uns schwer, unsere Art zu leben nicht als die fortgeschrittenste überhaupt anzusehen, die, die alle neuen Optionen erkundet und der die anderen Menschen dieser Welt früher oder später folgen werden, wobei sie dann vielleicht einige Fehler und Irrtümer vermeiden werden, die wir gemacht und bereits korrigiert haben werden.

Diese Vorstellung von einem Fortschritt, bei der die westliche Zivilisation der übrigen Menschheit vorangeht und sozusagen immer einen Schritt weiter ist – sie ist im Denken der Aufklärer von der Überlegenheit der Europäer begründet. Man kann dies vielleicht spätestens ab Hegel nicht mehr „Rassismus“ in einem engen Sinn nennen, weil wir natürlich den anderen nicht rundweg aufgrund ihrer Biologie bestimmte Fähigkeiten absprechen.

Es ist aber gewissermaßen ein Rassismus höherer Stufe, ein dialektischer Rassismus, der zwar die biologischen Unterschiede verwirft, die historischen und geografischen Unterschiede aber wieder in eine Stufenleiter nicht der Rassen, sondern der Gesellschaftsstrukturen bringt – mit dem wenig überraschenden Ergebnis, dass wir selbst, wir westlichen Menschen, egal, ob wir weiße, schwarze oder braune Haut haben, an der Spitze der sozialen Evolution stehen.

Ein Neuanfang kann kaum darin bestehen, unser ganzes Wertesystem vollständig zur Disposition zu stellen. Ein Anfang könnte aber sein, auf die Fortschrittsidee zu verzichten, davon auszugehen, dass sich menschliche Gesellschaften nicht weiterentwickeln, sondern nur verändern, und dass jede Veränderung einiges Wünschenswerte mit sich bringt, aber auch Unerwünschtes. Was überwiegt, kann man vorab nie wissen, man kann es nur erfahren. Dann wären die Katastrophen der westlichen Welt, der Holocaust, die brutalen Kriege, die Vernichtung der Artenvielfalt, keine „Rückfälle in die Barbarei“, die eigentlich nicht zur schönen neuen Welt gehörten, sondern Teil dieser Gesellschaftsform, die eben nicht besser ist als die früheren.

Eine andere Einsicht, die mit dem Verzicht auf die Fortschrittsidee verbunden ist, wäre, dass es viele Möglichkeiten gibt, wie sich eine menschliche Gesellschaft verändern kann, und dass es keineswegs einen vorgeschriebenen Pfad gibt, auf dem die verschiedenen Gesellschaftern einander folgen. Vermutlich hätten sich die Bewohner der Kontinente, die wir heute Amerika und Afrika nennen, in ganz andere Richtungen entwickelt, wenn wir sie in Ruhe gelassen hätten. Das ändert sich auch nicht dadurch, dass wir die dort vorgefundenen gesellschaftlichen Strukturen mit großem wissenschaftlichem Aufwand mit früheren Formen europäischer Gesellschaften vergleichen.

Wenn es uns gelänge, uns auf diese Weise vom Denken der Aufklärung zu befreien, wie es durch Kant, Hegel und die, die ihnen nachfolgten, geprägt wurde, dann könnten wir tatsächlich in ein diskriminierungsfreies Gespräch mit den anderen Weltkulturen eintreten. Wir würden das Gute, das wir in unseren Werten hervorgebracht haben, in diesen Dialog einbringen, so, wie andere das Ihre einbringen, und würden versuchen, voneinander zu lernen. Das würde uns tatsächlich zu den Ursprüngen der Aufklärung zurückführen, die bekanntlich in Lessings Ringparabel ausgedrückt sind: Jeder bringe seine Kraft der Menschlichkeit zur Wirkung, ohne sich über andere zu erheben.

Dabei hilft weder eine apologetische Verteidigung von Kant und Hegel noch eine vernichtende Kritik – beides verstellt den Weg zu einer Ablösung von dem, was hier Rassismus zweiter Stufe genannt wurde. Notwendig ist, die guten Argumente der Denker für rationale Vernunft, Menschenrechte und republikanische Demokratie zu verstehen und aufzunehmen, sie aber zugleich von ihrem Anspruch globaler Dominanz zu befreien.

Zuerst erschienen auf welt.de am 02.02.2021